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Es wächst die Gefahr, dass ein neues nukleares Wettrüsten beginnt

Die USA weigern sich den Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen zu erfüllen und provozieren damit nicht nur andere Staaten / Von Joseph Rotblat

Übersetzung: Regina Hagen

Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit Atomwaffen, vor allem mit den Gefahren, die sich aus der Atomwaffenpolitik der Regierung von George W. Bush ergeben. Um diese Politik in den richtigen Kontext zu stellen, will ich aber zunächst einige allgemeinere Überlegungen zu den Doktrinen und Strategien dieser Regierung anstellen.

Und ich sollte wohl gleich zu Beginn klarstellen, dass ich der Außenpolitik der gegenwärtigen US-Regierung äußerst kritisch gegenüberstehe. In der aufgeladenen Atmosphäre der vergangenen Monate, die vor allem durch die Irak-Debatte bestimmt war, wird jeder, der die Regierung Bush kritisiert, sofort als anti-amerikanisch gebrandmarkt, und muss aus dieser defensiven Position heraus zuerst betonen, dass er nicht anti-amerikanisch ist.

Lassen Sie mich also deutlich sagen: Ich bin nicht anti-amerikanisch. Ich finde ganz im Gegenteil, daß die Politik der Regierung Bush anti-amerikanisch genannt werden muß, weil sie nach meiner Meinung nicht die Haltung der Mehrheit der US-Bevölkerung widerspiegelt. Ich bin davon überzeugt, die US-Politik würde anders aussehen, wenn [der demokratische Präsidentschaftskandidat] Al Gore die Wahl gewonnen hätte. Ich möchte Sie daran erinnern, dass Al Gore trotz der Stimmen für [den Kandidaten der Grünen] Ralph Nader die Mehrheit der Wähler für sich gewinnen konnte und nur durch fragliche Manöver um die Präsidentschaft gebracht wurde. Es scheint mir sehr unwahrscheinlich, dass Al Gore es als Präsident mit so vielen Wählern verscherzt hätte.

Die momentane Polarisierung der Welt ist weitestgehend die Folge des folgenden Spruchs von George W. Bush: "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns." Ursprünglich bezog sich dieser Satz auf den Krieg gegen al Qaeda, er stempelt inzwischen aber alle als Bösewichte ab, die der Politik von Bush nicht vorbehaltlos zustimmen. Viele, ja vielleicht eine Mehrheit weltweit, sind entschieden gegen Terroristen und befürworten entsprechende Gegenmaßnahmen, sind aber mit der Politik von Bush recht unglücklich. Außerhalb der Vereinigten Staaten glauben viele, dass diese Politik eine weltweite US-Hegemonie zum Ziel hat und internationales Handeln gering schätzt , es sei denn es ist im Interesse der USA.

Was mich an dieser Politik so ärgert ist die eklatante Scheinheiligkeit. Die USA ernennen sich selbst zum Weltmeister in Sachen Demokratie, zwingen aber anderen diktatorisch ihren Willen auf. Sie propagieren vorgeblich Rechtstaatlichkeit, verletzen selbst aber ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen. Sie setzen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, die lediglich ihre Rechte im Rahmen verbindlicher Vereinbarungen wahrnehmen, unter Druck, gehen aber selbst ohne Zustimmung des Sicherheitsrates militärisch gegen einen anderen Mitgliedstaat der Vereinten Nationen vor.

Bushs Kabinett kritisiert die Vereinten Nationen vor allem als ineffektiv, nutzlos und schwach, unfähig zu entschiedenem Handeln. Diese Art Kritik wird üblicherweise von totalitären Regimen an Demokratien geübt. Ausgiebige Diskussionen und langwierige Verhandlungen gehören nun mal zur Demokratie, in der die Bedürfnisse und Hoffnungen vieler Gruppen oder Nationen friedlich miteinander versöhnt werden müssen. Die Regierung Bush hat damit nichts im Sinn, obwohl sie doch behauptet, Demokratie fördern zu wollen.

Ich finde, eine solche Politik ist in einer zivilisierten Gesellschaft nicht akzeptabel, da sie langfristig den Zusammenbruch der Zivilisation provoziert.

Dieser Politikansatz wurde im Krieg gegen Irak deutlich. Gerechtfertigt wurde er mit der Abrüstung von Massenvernichtungswaffen, aber andere sehen den Krieg vor allem als Versuch, den Einfluss der USA im Nahen Osten auszuweiten. Es gibt zahlreiche Dokumente zur Untermauerung der These, dass der Sturz des Regimes von Saddam Hussein im Irak - und ähnlich lautende Drohungen gegen Syrien und Iran - vor allem zur politischen Machverschiebung im Nahen Osten führen und den Vereinigten Staaten die politische, wirtschaftliche und militärische Kontrolle über die Region verschaffen sollte.

Die Vorgeschichte ist zwar allgemein bekannt, ich möchte aber dennoch einige wesentliche Punkte in Erinnerung rufen.

Selbst während des Kalten Krieges sprachen sich einige rechte Gruppierungen in den USA -inzwischen als Neo-Konservative bekannt - für eine deutlich aggressive Außenpolitik aus. Diese Gruppen hatten unter Präsident Reagan beträchtlichen Aufwind, aber erst nach dem Kalten Krieg - und in Folge des ersten Golfkriegs, der aus ihrer Sicht nicht zu Ende geführt wurde - kamen sie richtig in Schwung. Im Frühjahr 1992 wurde unter dem Titel "Defense Policy Guidance" [Verteidigungspolitische Richtlinien] ein Dokument verfasst, das durch seine Klarheit und mit ihrem Ziel einer Vision für eine neue US-Außen- und Militärpolitik verblüffte. Es forderte US-Dominanz durch die Verhinderung des Aufstiegs jeglicher potentiell feindlichen Macht und eine Politik der präemptiven Militäraktionen gegen Staaten, die im Verdacht stehen, Massenvernichtungswaffen zu entwickeln. Das Dokument wurde von zwei damals recht unbekannten Funktionären aus der Politikabteilung des Pentagon geschrieben. Es handelte sich um Paul Wolfowitz und Lewis Libby, ihr Boss war der damalige Verteidigungsminister Dick Cheney. Jetzt besetzen alle drei wichtige Ämter in der Regierung Bush.

Im Juli 1996 veröffentlichte das Institute for Advanced Strategic and Political Studies ein Dokument mit dem Titel "A Clean Break: a New Strategy for Securing the Realm" [Ein sauberer Schnitt: eine neue Strategie zur Sicherung des Herrschaftsbereichs]. Leiter des Instituts war Richard Perle - der aufgrund seiner extremen Ansichten und seiner massiven Unterstützung der israelischen Lobbygruppen seit Jahren den Spitznamen "Fürst der Dunkelheit" trägt. Dieses Dokument rief den damaligen israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu dazu auf, einen radikalen Politikwechsel einzuleiten und dazu zunächst das Friedensabkommen von Oslo aufzukündigen und dann eine Kampagne zur Ausschaltung von Saddam Hussein und zur Destabilisierung der Regierungen von Syrien, Libanon, Saudi Arabien und Iran durchzuführen.

Im Februar 1998 schrieb Richard Perle einen offenen Brief an Präsident Bill Clinton und forderte wirksame Aktionen, um einen Regimewechsel in Bagdad zu bewirken. Der Brief fand 25 Unterzeichner, darunter zahlreiche Mitglieder der jetzigen Bush-Administration, u.a. Donald Rumsfeld - inzwischen Verteidigungsminister - und Paul Wolfowitz - inzwischen stellvertretender Verteidigungsminister.

Die Angriffe von al Qaeda am 11. September lieferten die Gelegenheit, diese Politik in die Praxis umzusetzen. Die Argumente für eine Pax Americana waren bekannt, und die erste Phase wurde im Krieg gegen Irak umgesetzt.

Der monatelange Zank über UNO-Resolutionen und -Inspektionen, der dem Krieg die nötige Legitimation verschaffen sollte, war offensichtlich eine Farce und sollte den Eindruck vermitteln, dass der Krieg gegen den Irak nicht nur von den USA sondern von einer Koalition geführt wird. Die Entscheidung zum Sturz des Regimes von Saddam Hussein wurde schon viel früher getroffen, offen war lediglich noch der Zeitpunkt. Und der hing vermutlich nicht vom Ergebnis der Inspektionen durch Hans Blix ab sondern vom Aufwand für den Aufmarsch der entsprechenden Truppen.

Die militärische Stärke der USA ist tatsächlich furchteinflößend. Seit dem Ende des Kalten Krieges haben die Amerikaner ein gigantisches militärisches Potential aufgebaut. Unter Nutzung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und technologischen Fortschritte - und finanziert durch einen astronomisch hohen Verteidigungshaushalt - haben sich die Vereinigten Staaten zur größten jemals existierenden Militärmacht entwickelt, mit Fähigkeiten, die diejenigen aller anderen Staaten zusammengenommen fast übersteigen. Gegen diese Macht hatte das irakische Militär mit seinen veralteten Panzern und ohne den Schutz einer Luftwaffe keine Chance.

Natürlich trug zum raschen Zusammenbruch auch bei, dass das Regime von Saddam Hussein durch und durch korrupt war und nur der Terror einer kleinen Gruppe von Verbrechern die komplette Auflösung verhindert hatte. Die Behauptung von Rumsfeld und anderen, dass Irak eine Bedrohung für andere Länder einschließlich der Vereinigten Staaten darstellt, war geradezu lachhaft.

Und die offizielle Begründung für den militärischen Angriff auf Irak - die Beseitigung von Massenvernichtungswaffen - hat sich als vollkommen unhaltbar herausgestellt, da trotz der intensiven Suche zahlreicher von den USA ernannter Experten bislang keine solchen Waffen gefunden wurden. Je mehr Zeit vergeht, ohne dass Massenvernichtungswaffen gefunden werden, desto mehr wird versucht werden, dieses Thema herunterzuspielen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Krieg unter falschen Voraussetzungen begonnen wurde.

Gleichzeitig wäre es aber nicht ehrlich, wenn diejenigen unter uns, die gegen den Krieg waren, sich nicht über den Fall eines tyrannischen Regimes freuen und ehrlich zugeben würden, dass das ohne militärische Intervention nicht so schnell möglich gewesen wäre. Aber der Preis dafür ist zu hoch: Dieser Krieg hat in der Außenpolitik die alte Maxime "der Zweck heiligt die Mittel" wieder aufleben lassen.

Die Ereignisse der vergangenen Monate sind ein schwerer Rückschlag für alle, die glauben, dass wir uns von den Prinzipien der Moralität und der Herrschaft des Rechts leiten lassen sollten. Momentan scheint eher die Regel "Macht geht vor Recht" zuzutreffen. Und indem sie sich dieser Regel beugen, könnten die Regierungen vieler Länder dazu tendieren, eine pragmatische Politik zu verfolgen. Sie könnten zum Eingeständnis gezwungen sein, dass momentan nur eine Supermacht existiert, und sie könnten sich genötigt fühlen, die Rolle der Vereinigten Staaten als Weltpolizisten als gegeben hinzunehmen.

Das kann aber keine Dauerlösung sein. Selbst wenn die Amerikaner diese Rolle mit weniger Arroganz füllen würden - ein System mit eingebauter Ungleichheit kann nicht stabil sein. Es provoziert geradezu Groll, einen Groll, der sich auf unterschiedliche Art seinen Weg bahnt, unter anderem auch durch wachsenden internationalen Terrorismus. Dieser wiederum zwingt den "Polizisten" zu Gegenmaßnahmen, wodurch die Ungleichheit noch akuter wird. Das wäre das Ende von Demokratie in der Welt, wie wir sie heute kennen.

Damit habe ich ein mögliches Szenario beschrieben, aber es muss nicht so kommen. Meine Hoffnung liegt auf Opposition in den Vereinigten Staaten selbst. Momentan ist Bush sehr beliebt und hat die Mehrheit hinter sich. Eine solche Patriotismuswelle ist nach einem militärischen Sieg normal, aber die Unterstützung lässt bereits beträchtlich nach. Ich glaube, dass die großen Anti-Kriegsdemonstrationen vor einigen Monaten die Haltung einer Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung realistischer widerspiegeln. Ich kann nicht glauben, dass das amerikanische Volk die Rolle akzeptiert, die ihm von der Clique zugewiesen wird, die die Regierung an sich gerissen hat. Es wird sicherlich zu einem Umschwung der öffentlichen Meinung kommen, wenn klar wird, welche Gefahren mit der aktuellen Politik verbunden sind. Mich beunruhigt vor allem, dass diese Gefahren bis dahin zu einer Katastrophe führen können. Und die größten Gefahren sind mit der Nuklearwaffendoktrin der Regierung Bush verbunden.

Diese neue Doktrin hat Steven Miller bei der Pugwash-Konferenz in Agra/Indien vergangenes Jahr in seinem Vortrag "Scepticism Triumphant" [Triumph des Skeptizismus] ausführlich analysiert. Er stellte die Ansichten der "Skeptiker", womit er die Bush-Administration meint, denen der Rüstungskontrollbefürworter gegenüber. Er kam zum Schluss, "Rüstungskontrolle ist tot".

Diese Schlussfolgerung ist vermutlich richtig, daraus folgt aber nicht, dass wir die neue Doktrin fatalistisch hinnehmen müssen. Die Wahl muss nicht zwischen Rüstungskontrolle und unilateraler Politik fallen. In seinem Text stellte Steven Miller diese beiden Optionen einander gegenüber, daher ließ er bei seinen Betrachtungen eine weitere Alternative außen vor, nämlich nukleare Abrüstung.

In der Pugwash-Bewegung waren wir von Anfang an mit dem Dilemma dieser beiden Ansätze konfrontiert: Rüstungskontrolle versus Abrüstung. Vor einigen Jahren haben wir im Council und in speziellen Workshops die Vor- und Nachteile der beiden Betrachtungsweisen diskutiert.

Die Auseinandersetzung darüber ist zu Ende, die Regierung Bush hat einen neuen Ansatz eingeführt. Rüstungskontrolle ist jetzt tot. Aber ich habe bereits erwähnt, dass die Politik der Regierung Bush mit ihrer Vision einer Weltdominanz durch die USA nicht akzeptabel ist. Daraus schließe ich, dass Pugwash nur eine Möglichkeit bliebt: die nukleare Abrüstung.

Die vollständige Abschaffung von Atomwaffen war schon immer das Ziel von Pugwash, in Übereinstimmung mit dem Aufruf im Russell-Einstein-Manifest. Wir verfolgen dieses Ziel aus moralischen Gründen, weil ethische Kriterien in Pugwash seit jeher eine große Rolle spielen: Wir halten jeglichen Einsatz von Atomwaffen für unmoralisch. Aber bei unseren Zielen geht es uns auch um etwas viel Grundlegenderes: das Überleben. Jeder Einsatz von Atomwaffen birgt die Gefahr von Eskalation und bedroht damit unser Weiterleben.

Der Einsatz von Atomwaffen ist aber ausdrücklich ein Element der politischen Grundsätze der Regierung Bush.

Diese Linie wurde in mehreren Erklärungen verkündet, die meisten davon wurden 2002 veröffentlicht. Von besonderem Interesse sind dabei die folgenden Dokumente:
 -  Nuclear Posture Review [Überprüfung der Nuklearwaffendoktrin} vom Januar 2002
 -  Nationale Sicherheitsstrategie der Vereinigten Staaten von Amerika vom September 2002
 -  Nationale Strategie zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen vom Dezember 2002
 -  Nationale Politik zur Abwehr ballistischer Raketen vom May 2003

Die zugrundeliegende Politik hat offenbar zwei Ziele: zum einen eine defensive Strategie, um die USA unverwundbar gegen Angriffe von außen zu machen; zum anderen eine offensive Strategie, um einem unfreundlichen Regime mit militärischen Aktionen, einschließlich dem Einsatz von Atomwaffen, zu drohen, wenn es selbst versucht, Massenvernichtungswaffen zu erwerben.

Um ersteres sicherzustellen, wurde entschieden, der Raketenabwehr eine hohe Priorität zu geben. Als ersten Schritt haben die USA den Raketenabwehrvertrag gekündigt, der bis dato als Fundament des Rüstungskontrollsystems galt. Für Raketenabwehr, der in einer Welt voller potentieller Bedrohungen durch Massenvernichtungswaffen besondere Bedeutung zugesprochen wird, wurde der Etat enorm erhöht.

Die größten Änderungen ergaben sich allerdings aus den offensiven Aspekten der Doktrin. Der neue Nuclear Posture Review beschreibt eine Strategie, die bei der konventionellen Kriegsplanung auch nukleare Fähigkeiten berücksichtigt. Die frühere Abschreckungsdoktrin, bei der der tatsächliche Einsatz von Atomwaffen nur als allerletztes Mittel vorgesehen war, also erst, wenn alles andere versagt hatte, wurde nun über Bord geworfen. In der neuen Doktrin sind Atomwaffen ein reguläres Element der Militärstrategie. Sie würden in einem Konflikt gerade so wie irgend ein anderer Sprengkörper eingesetzt. Damit verschiebt sich die ganze Begründung von Atomwaffen.

Der Hauptgrund für diesen Wechsel ist wohl in der Furcht begründet, dass den USA feindlich gesinnte Staaten Massenvernichtungswaffen erwerben könnten. "Wir werden es nicht zulassen, dass die gefährlichsten Regime und Terroristen der Welt uns mit den zerstörerischsten Waffen der Welt bedrohen."

Dazu würde die Bush-Regierung sehr weit gehen, bis hin zu präemptiven Schlägen: "Wir müssen darauf vorbereitet sein, Schurkenstaaten und ihre terroristischen Handelspartner zu stoppen, bevor sie die Vereinigten Staaten und unsere Verbündeten und Freunde mit Massenvernichtungswaffen bedrohen oder angreifen können." Und weiter: "Um entsprechende feindliche Akte unserer Gegner zu verhindern, gehen die Vereinigten Staaten nötigenfalls präventiv vor."

Die Umsetzung dieser Politik hat bereits begonnen. Die Vereinigten Staaten entwickeln unter dem Namen "robust nuclear earth penetrator" einen neuen Atomsprengkopf mit niedriger Sprengkraft, der besonders tief in Beton eindringen soll. Er soll Bunker mit dicken Betondecken durchschlagen, in denen Massenvernichtungswaffen lagern oder die Führungsschicht des Feindes Schutz sucht.

Der US-Senat beschloss für dieses Projekt bereits eine Aufhebung des langjährigen Verbots, Atomwaffen mit niedriger Sprengkraft zu entwickeln. Andere Sprengkopftypen sind ebenfalls in Planung.

Diese neuen Waffen muss man testen. Momentan gibt es einen Vertrag, der Tests von Atomwaffen verbietet (mit Ausnahme von subkritischen Versuchsanordnungen), der Umfassende Teststoppvertrag, den die Vereinigten Staaten zwar unterzeichnet aber nicht ratifiziert haben. In Anbetracht der Geringschätzung der Regierung Bush für das Völkerrecht bräuchte es wohl nicht viel, um Tests der neuen Waffen anzuordnen. Ja, die Wiederaufnahme von Atomwaffentests wird sogar schon wieder offen befürwortet.

Wenn die USA die Test wieder aufnehmen, wäre das ein Signal an andere Atomwaffenstaaten, das gleiche zu tun. China würde fast sicher wieder testen. Nach der US-Entscheidung zur Entwicklung von ballistischen Raketenabwehrsystemen fühlt sich China äußerst verwundbar und versucht vermutlich, diese Verwundbarkeit durch die Modernisierung und Ausweitung seines nuklearen Arsenals zu verringern. Es bildet sich allmählich die Meinung heraus, "China solte sich darüber klar werden, dass sein momentanes minimales Atomwaffenarsenal als Antwort auf die neuen Herausforderungen nicht ausreicht, und es sollte daher seine Atomstreitkraft deutlich ausbauen, so dass sie in unterschiedlichen Szenarien tatsächlich einsetzbar ist." Noch ist das zwar die Haltung einer Minderheit, wenn die USA aber wieder testen, dann kann diese Einstellung bedeutsam werden. Andere Länder mit Atomwaffen, beispielsweise Indien oder Pakistan, könnten das von den USA aufgestoßene Fenster der Gelegenheit zur Modernisierung ihrer Arsenale nutzen. Die Gefahr eines neuen nuklearen Wettrüstens ist äußerst real.

Die Entwicklung der neuen Bombe gibt noch aus einem weiteren Grund Anlass zur Sorge: sie würde die Unterscheidung zwischen nuklearen und konventionellen Waffen verwischen. Das Hauptmerkmal von Atomwaffen ist ihre enorme Vernichtungskapazität, an die auch die Wirkung von existierenden chemischen und biologischen Waffen bei weitem nicht heranreicht, obwohl diese doch auch zu den Massenvernichtungswaffen zählen. Deshalb hat sich ein Tabu herausgebildet, Atomwaffen im Kampf einzusetzen, ein Tabu, das seit [den Atombombenabwürfen von Hiroshima] und Nagasaki [im August 1945] gehalten hat. Wenn aber am unteren Ende des nuklearen Waffenspektrums eine Atombombe gebaut werden kann, die sich quantitativ nicht wesentlich von anderen Bomben unterscheidet, dann verschwindet auch der qualitative Unterschied. Die nukleare Schwelle würde überschritten, und Atomwaffen würden allmählich als normales Kriegswerkzeug angesehen, obgleich die Gefahr für das Fortbestehen der Menschheit durch diese Waffen weiterbesteht.

Für die USA schmilzt der Unterschied zwischen nuklearen und konventionellen Waffen schon dahin, wie im Nuclear Posture Review eindeutig nachzulesen ist, durch die zusätzliche Bereitschaft zum präemptiven Handeln wird die Gefahr aber noch bedrohlicher.

Es kann nicht genug betont werden, wie gefährlich diese Politik ist. Wenn das militärisch mächtigste Land erklärt, dass es zum präemptiven Einsatz von Atomwaffen bereit ist, könnten andere bald nachziehen. Die Kaschmir-Krise vom Mai 2002 sollte als deutliche Warnung vor der nuklearen Gefahr dienen.

Indien vertritt offiziell die Doktrin, Atomwaffen nicht als erste einzusetzen. Wenn aber die Vereinigten Staaten - und Indien folgt im wesentlichen der Nukleardoktrin der USA - den präemptiven Einsatz von Atomwaffen in ihre Doktrin aufnehmen, würde dies Indien die Rechtfertigung geben, seinerseits Pakistan mit einem präemptiven Einsatz zu drohen. Der indische Verteidigungsminister George Fernandes sagte kürzlich, dass Indien "sehr viel mehr Grund für präemptives Vorgehen gegen Pakistan hat als die USA gegenüber Irak." Allerdings ist es vermutlich noch wahrscheinlicher, dass Pakistan versuchen würde, dem zuvor zu kommen.

Taiwan liefert ein anderes Szenario für einen potentiellen Präemptivschlag der USA. Sollte sich Taiwan für unabhängig erklären, würde dies unweigerlich zu einer militärischen Invasion durch die Volksrepublik China führen. Da sich die USA zur Verteidigung Taiwans verpflichtet haben, könnten sie sich dann für einen Präemptivschlag entscheiden.

Und dann ist da noch das Problem Nordkorea, das Bush zur "Achse des Bösen" zählt. Gemäß Bushs Maxime, dass keinem als feindlich eingestuften Staat der Besitz von Massenvernichtungswaffen erlaubt werden darf, wird Nordkorea zur Einstellung sämtlicher Arbeiten an Atomwaffen aufgefordert werden. Es ist noch nicht ausgemacht, dass Kim Jong Il sich dieser Forderung beugt, und daraus könnte sich in diesem Teil der Welt eine kritische Situation entwickeln.

Große Sorgen macht in dieser Hinsicht auch die Entwicklung in Japan. Bislang hat sich Japan aus dem nuklearen Club herausgehalten, in Übereinstimmung mit Artikel 9 seiner Verfassung, "...das japanische Volk verzichtet für immer .... auf die Bedrohung mit oder den Einsatz von Gewalt zur Lösung internationaler Auseinandersetzungen."

Allerdings gibt es jetzt, nicht zuletzt auf Drängen der USA und mit Rückendeckung von Premierminister Junichiro Koizumi, starke Tendenzen, die Verfassung so zu ändern, dass Japan ganz legal ein Atomwaffenstaat werden könnte.

Insgesamt hat die aggressive Politik der Vereinigten Staaten unter Bush eine prekäre weltpolitische Lage geschaffen, in der die Gefahr eines Einsatzes von Atomwaffen zu Kampfzwecken deutlich gestiegen ist.

Wenn der Atomwaffeneinsatz legalisiert wird, dann schließt das die Verabschiedung von Gesetzen zum Verbot der Entwicklung neuer Atomwaffen aus, so dass das Zerstörungspotential gegenüber heutigen Massenvernichtungswaffen sogar noch steigen könnte -- eine wahrhaft entsetzliche Perspektive. Sir Martin Rees, königlicher Astronom von Großbritannien, gibt der Zivilisation eine 50-zu-50-Chance, das neue Jahrhundert zu überleben. Andere halten diese Prognose für zu optimistisch.

Was also sollte Pugwash tun? Fordert die neue Situation auch entsprechende Änderungen unserer Aktivitäten?

Zuerst möchte ich betonen, dass ich die Bemühungen unseres Generalsekretärs zur Lösung lokaler Konflikte voll unterstütze, vor allem die im Nahen Osten. Er hat Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Lagern zusammengebracht, und dies ermutigt uns, diese Aktivitäten fortzusetzen - vielleicht helfen sie zu verhindern, dass diese regionale Krise außer Kontrolle gerät.

Ich mache mir aber Sorgen um das Kernproblem. Vor einem Jahr hat Pugwash in La Jolla/Spanien unsere Ziele für die nächsten fünf Jahre festgelegt. Da haben wir uns darauf geeinigt, "Pugwash ist dem Ziel der vollständigen Abschaffung sämtlicher Atomwaffen stark verpflichtet. Pugwash muss die Weltgemeinschaft unbedingt ständig an die Unmoralität, Illegalität und Gefahr von Atomwaffen erinnern und konkrete Schritte zu ihrer Abschaffung vorschlagen." Im zweiten Jahr unseres Fünfjahresprogramms ist es höchste Zeit für diese Schritte.

Jeglicher Versuch, unsere Ziele dadurch zu erreichen, dass wir die Regierung Bush durch logische Überzeugung zu einer Politikänderung überreden oder an ihre moralischen Instinkte appellieren wäre hoffnungslos und eine komplette Zeitverschwendung. Die Zeit ist aber vielleicht nicht verschwendet, wenn wir unseren Appell statt dessen an die Öffentlichkeit richten. Ich habe schon früher immer wieder gesagt, dass unsere Hoffnung darin liegt, dass die öffentliche Meinung vor allem in den Vereinigten Staaten beginnt, sich gegen die momentane Politik zu wenden und die Regierung aus dem Amt befördert, und zwar so, wie das in demokratischen Ländern üblich ist: in freien Wahlen. Daher schlage ich vor, dass Pugwash seine Energie in eine Kampagne zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung zur Beschleunigung dieser Tendenzen konzentrieren sollte, in einer Kampagne nach den Prinzipien von Moralität und Billigkeit.

Wir gehen zwar selbstverständlich davon aus, dass der Einsatz von Atomwaffen unmoralisch ist, dieser Aspekt wird aber bei der Forderung nach nuklearer Abrüstung nur selten erwähnt. Wir müssen uns anhören, dass eine Kampagne auf der Basis moralischer Prinzipien von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, und wir fürchten, als naiv abgestempelt zu werden, als fern jeder Realität. Aus diesem Argument schließe ich, dass wir schon viel zu lange zugelassen haben, dass ethische Erwägungen unter den Tisch fallen. Wir sind doch daran gewöhnt, dass wir als unrealistisch abgetan werden, obwohl wir doch versuchen, sehr reale Gefahren abzuwenden - Gefahren, die sich aus der momentanen Politik der Regierung Bush ergeben.

Die breite Öffentlichkeit weiß nichts von diesen Gefahren, und daher brauchen wir dringend eine Aufklärungskampagne.

Ein weiteres Prinzip ist die Einhaltung des Völkerrechts. Für eine zivilisierte Gesellschaft ist eine unerlässliche Voraussetzung, dass sie ihre rechtlichen Verpflichtungen einhält und das Völkerrecht respektiert. Weltfrieden kann ohne Einhaltung völkerrechtlicher Verträge nicht erreicht werden.

In diesem Bereich gibt es vielfach absichtliche Vernebelung und Gehirnwäsche. Ich will das einem Beispiel erläutern, das den Kern des Problems betrifft, nämlich den nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV) [abgeschlossen 1968].

Pugwash war ganz zu Beginn stark in diesen Vertrag involviert, als wir ihn als wichtigen Schritt auf dem Weg zur Abschaffung von Atomwaffen ansahen. Lassen Sie mich die Schlüsselfakten zum NVV erwähnen, dem 98 Prozent aller Länder beigetreten sind. Gemäß dem Vertrag haben alle Nicht-Atomwaffenstaaten unterschrieben, dass sie vollständig auf den Erwerb von Atomwaffen verzichten. Im Gegenzug haben die fünf Staaten, die damals offiziell Atomwaffen besaßen (die Zuordnung erfolgte anhand von Atomwaffentests bis zu einem bestimmten Stichtag), sich zurAbschaffung ihrer Atomwaffen verpflichtet. Artikel VI lautet:

"Jede Vertragspartei verpflichtet sich, in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle."

Durch die Unterzeichnung und Ratifizierung des NVV sind die Atomwaffenstaaten rechtlich verpflichtet, ihre Atomwaffen abzurüsten. Die Falken in diesen Staaten versuchten aber, die Atomwaffen beizubehalten, und nutzten daher eine Zweideutigkeit in Artikel VI aus, aus der man schließen könnte, dass die nukleare Abrüstung an die allgemeine und vollständige Abrüstung gekoppelt sei. Bei der Überprüfungskonferenz des NVV im Jahr 2000, die offiziell Teil der Vertragsumsetzung ist, wurde diese Zweideutigkeit in einer Erklärung aller fünf Atomwaffenstaaten beseitigt. Das Dokument bestätigt "die unzweideutige Verpflichtung der Atomwaffenstaaten zur vollständigen Abschaffung ihrer nuklearen Arsenale mit dem Ziel der nuklearen Abrüstung, zu der alle Vertragsstaaten gemäß Artikel VI verpflichtet sind."

Damit ist die Lage vollkommen klar. Die Politik von Bush, die auf die fortgesetzte Existenz (und den Einsatz) von Atomwaffen baut, steht in direktem Gegensatz zu den rechtlichen Verpflichtungen aus dem NVV.

Aber die Regierung Bush hat es anscheinend hinbekommen, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass nur ein Teil des NVV gültig ist, nämlich der Teil, der sich auf die Nicht-Atomwaffenstaaten bezieht, und dass daher Staaten, die ihn verletzen - wie das jetzt Iran vorgeworfen wird - für Vertragsverletzungen bestraft werden müssen. Der Teil des NVV, der die Verpflichtungen der Atomwaffenstaaten betrifft, wird vorsätzlich ignoriert. Lassen Sie mich zwei Textauszüge zitieren, die kürzlich in großen britischen Zeitungen erschienen:

"Bei einem Treffen der IAEO [Internationalen Atomenergieorganisation] werden die USA heute darauf drängen, dass Teheran des Bruchs des nuklearen Nichtverbreitungsvertrages beschuldigt wird. Der Vertrag beschränkt den Besitz von Atomwaffen auf Russland, Großbritannien, Frankreich, China und Amerika."

Die Betonung liegt dabei auf dem zweiten Satz, weil dieser den Zweck des NVV in sein genaues Gegenteil verkehrt.

Die andere Zeitung - keine andere als The Times - berichtet in ganz ähnlichem Tenor: "Er [DER NVV]wurde vereinbart, um die Verbreitung von Atomwaffen über die ursprünglich erklärten Atomwaffenstaaten USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich hinaus zu stoppen."

Die Verpflichtungen dieser fünf Staaten werden an keiner Stelle erwähnt.

Uns wird ständig erzählt, wie gefährlich Atomwaffen sind und dass sie keinesfalls in die Hände von unerwünschten Elementen oder von Schurkenstaaten fallen dürfen: "Massenvernichtungswaffen ... nukleare, biologische und chemische - im Besitz von feindlichen Staaten und Terroristen sind eine der größten Herausforderungen für die Sicherheit der Vereinigten Staaten."

Was man uns nicht erzählt ist, dass diese Waffen in der Hand befreundeter Nationen genau so gefährlich sind. Wir werden nicht daran erinnert, dass in voller Kenntnis dieser Gefahren sogar die Vereinigten Staaten sich verpflichtet haben, ihre Nukleararsenale abzuschaffen. Wir kommen hier zum Kernpunkt, ethische und rechtliche Aspekte miteinander verflochten sind. Der Einsatz von Atomwaffen wird von der Mehrheit der Weltbevölkerung als unmoralisch bewertet, vor allem weil sie unterschiedslos jeden treffen und eine beispiellose Zerstörungsgewalt entwickeln. Der Besitz - und damit auch der wahrscheinliche Einsatz - von Atomwaffen ist damit gleichermaßen unakzeptabel, ob es sich nun um "Schurken" oder um wohlwollende Regime handelt.

Die Abschaffung von Atomwaffen ist seit ihrer Gründung das erklärte Ziel der Vereinten Nationen, und Jahr um Jahr werden von einer großen Mehrheit der Generalversammlung entsprechende Resolutionen verabschiedet. Diese Resolutionen werden von den Atomwaffenstaaten genau so ignoriert wie alle anderen Versuche, dieses Thema in einem eigens dafür eingesetzten Gremium zu behandeln, nämlich der Abrüstungskonferenz in Genf.

Wir müssen unbedingt hartnäckig darauf hinweisen, dass Amerikas Haltung zum NVV ungeheuerlich ist. Die USA haben einen völkerrechtlichen Vertrag unterzeichnet und ratifiziert, in dem sie sich zur Abschaffung von Atomwaffen verpflichten, und dennoch verfolgen sie eine Politik, die die Beibehaltung dieser Waffen auf unbestimmte Zeit erforderlich macht.

Wir müssen diese grundsätzlichen Widersprüche in der Politik der USA betonen. Die USA müssen wählen: Wenn sie ihre Atomwaffen beibehalten wollen, dann sollten sie aus dem NVV austreten (was wahrscheinlich zu deutlich mehr Atomwaffenstaaten führen würde). Andernfalls müssen sie die Vertragsklauseln des NVV einhalten und ihre Nukleararsenale abschaffen. Tertium non datur. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht.

Ich glaube, dass eine Kampagne zur Aufklärung und Beeinflussung der öffentlichen Meinung rund um den NVV eine große Erfolgschance hätte.

Die Beeinflussung der öffentlichen Meinung ist allerdings eine zu große Aufgabe für eine Organisation wie Pugwash alleine. Die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen wäre elementar. Das widerspricht allerdings unserem bisherigen modus vivendi; Pugwash wurde oft - und vielleicht zu recht - vorgeworfen, dass es ein exklusiver Club sein. Aber selbst wenn unser Arbeitsstil in der Vergangenheit gerechtfertigt sein mag, glaube ich, dass die Zeit für eine Öffnung nach außen gekommen ist. Ich trete nicht dafür ein, dass Pugwash eine Massenbewegung werden sollte. Ich schlage aber vor, dass wir bereitwilliger mit anderen Organisationen zusammenarbeiten sollten in dem Sinn, dass wir gemeinsam große Anstrengungen unternehmen, die Öffentlichkeit mit Informationen zu versorgen. Pugwash ist eine Wissenschaftlerbewegung, ein Wissenschaftler darf sich in seiner Arbeit aber nicht nur auf Forschung beschränken, sondern Erziehung und Aufklärung ist ein wesentlicher Bestandteil seiner Arbeit. Und genau das schlage ich vor.

Eine entsprechende Initiative wurde von der britischen Pugwash-Gruppe bereits gestartet. Im Rahmen eines "Nuclear Weapons Awareness Project" arbeitet die britische Pugwash-Gruppe mit etwa einem Dutzend anderer britischer Organisationen zusammen, von BASIC (British American Security Information Council) bis zu MEDACT (Medical Action), vom CND (Campaign for Nuclear Disarmament) bis zu Greenpeace. John Finnley hat für unsere Konferenz hier ein Papier dazu vorgelegt. Ich schlage vor, dass der Pugwash Council diese Initiative aufgreift und nach Wegen sucht, sie auf internationaler Ebene umzusetzen.

Lassen sie mich nun mit einigen einfachen Bemerkungen eher allgemeiner Natur schließen, die aber für die in meinem Vortrag aufgegriffenen Probleme von großer Relevanz sind.

Ich glaube an das inhärent Gute im Menschen. Welchen Sinn hätte es, die Menschheit am Leben zu halten, wenn das nicht wahr wäre! Aber dann muss es unsere Aufgabe sein, dafür zu sorgen, dass dieser Glaube allgemeine Anerkennung findet.

Wir machen unsere Außenpolitik immer noch nach dem veralteten Prinzip, dass unser Überleben militärische Stärke voraussetzt. Das ist ein Überbleibsel aus der Frühzeit, als der Mensch sein Überleben und das Überleben seines Geschlechts nur mit Hilfe von Gewalt sicherstellen konnte. Dabei werden die radikalen Änderungen, die sich aus den wissenschaftlichen und technischen Fortschritten ergeben, vollkommen übersehen - Änderungen, die eine solche Überlebensstrategie überflüssig machen. Bei fairer Verteilung würden unsere Ressourcen trotz des raschen Anwachsens der Erdbevölkerung zur Deckung sämtlicher Grundbedürfnisse der ganzen Menschheit ausreichen.

Überdies wird unsere Welt vor allem auf Grund der fantastischen technologischen Fortschritte zunehmend mehr interdependent, transparent und interaktiv. Diese Entwicklungen sind mit zahlreichen Abkommen verbunden, von vertrauensbildenden Maßnahmen bis zu völkerrechtlichen Verträgen, vom Umweltschutz bis zur Minenräumung, von Interpol bis zum Internationalen Strafgerichtshof, vm Urheberschutz bis zur Menschenrechtserklärung. Respekt für und strikte Einhaltung von Völkerrecht sind die Grundlage einer zivilisierten Gesellschaft. Andernfalls würden Anarchie und Terrorismus regieren, also genau die Gefahren, zu deren Ausrottung Präsident Bush vorgeblich entschlossen ist. Während er das Problem militärisch lösen will, müssen wir sicherstellen, dass die Weltsicherheit den Vereinten Nationen obliegt, der Organisation, die speziell dafür geschaffen wurde. Und wir müssen unsere Achtung gegenüber dem Recht mit starken moralischen Prinzipien verknüpfen.

Viele von Ihnen sind Experten. Sie haben gelernt, Probleme unvoreingenommen, realistisch und unsentimental anzugehen. Zuallererst aber sind wir alle Menschen, besorgt um die Sicherheit unserer Angehörigen und Liebsten wie um Frieden für unsere Landsleute und die Weltgemeinschaft. Wir wollen eine Welt, in der die Beziehungen zwischen Menschen und Nationen auf Mitgefühl basiert, nicht auf Gier; auf Großzügigkeit, nicht auf Neid; auf Überzeugungskraft, nicht auf Gewalt; auf Gerechtigkeit, nicht auf Unterdrückung.

Das sind einfache, manche finden vielleicht sogar romantische Gefühle, sie sind aber auch eine realistische Notwendigkeit. In einer Welt voller Massenvernichtungswaffen, deren Einsatz zum Ende der ganzen Zivilisation führen kann, könne wir uns keine polarisierte Gesellschaft mit der inhärenten Drohung mit militärischen Auseinandersetzungen leisten. In diesem technologischen Zeitalter ist eine globale, gerechte Gesellschaft, der wir alle als Weltbürger angehören, lebensnotwendig.

Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
Dokument erstellt am 05.08.2003 um 15:12:06 Uhr
Erscheinungsdatum 06.08.2003

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